Manjos Pass war abgelaufen. Wir mussten deshalb auf die Schweizer Botschaft nach Ghana. Schon das Beantragen des Visums war für mich ist sehr kompliziert. Dies ist mitunter ein Grund, weshalb wir eher selten ins westliche Nachbarland reisen. Man kann zwar die 12 Seiten im Internet ausfüllen, man braucht aber sehr genaue Angaben, sonst kommt man nicht auf die nächste Seite. Kopien vom Pass, Impfausweis, Reiseverlauf, Hotelreservation sowie ein Einladungsschreiben muss alles eingefügt werden. Trotzdem muss man alle Kopien beim besuch der Botschaft nochmals mitbringen. Auf der Botschaft musste ich zusätzlich einen Brief auf Englisch an den Botschafter schreiben, indem ich begründen musste, weshalb wir nach Ghana wollen. Anschliessend wurde das Visum ausgestellt.
Am 24.10.24 morgens um halb sechs fuhren wir los. Wir wollten gegen Mittag in Accra sein. Die Grenze passierten wir Problemlos. Nur das Auto hatte Probleme. Unser Auto war noch nie in Ghana, deshalb mussten wir eine Einreisegenehmigung für das Auto haben. Normalerweise ist dies kein Problem. Das Formular wird vom Zoll Online ausgefüllt und ausgestellt. Viele Leute warteten vor dem Büro auf das Ausstellen des Papieres. Einige von ihnen warteten bereits seit dem Vortag. Weil der Zoll keine Internetverbindung herstellen konnte und das Papier nicht von Hand ausgefüllt werden darf, mussten auch wir warten. So fuhren wir gegen 13 Uhr weiter Richtung Accra.
Spätabends trafen wir in Old Ashongman bei Beda’s ein. Beda Ehrensberger ist ein Schweizer Musiker. In der Doc Serie des Schweizer Fernsehens «Hin und weg, Liebe kennt keine Grenzen» wurde seine Familie porträtiert. Deshalb war für uns klar, wir übernachten bei Beda’s. Beda selber war aber diese Zeit für Konzerte im Norden Ghanas unterwegs. Seine Frau Mefia, sowie die beiden Söhne Levin und Even waren aber anwesend. Wir fühlten uns bei ihnen wie zuhause. Insbesondere Manjo verstand sich auf Anhieb mit Mefia. Wir hoffen, dass wir später auch Beda kennenlernen dürfen.
Am zweiten Tag fuhren wir mit dem Taxi zur Schweizer Botschaft. Anschliessend besuchten wir das Mausoleum von Kwame Nkruma. Während unserem Besuch hatte es nur wenig Besucher. Jedoch gleich danach kamen mehrere Schulklassen. Wir hatten also sehr viel Glück.
Der Nokoué See hat eine grösse von 4900 ha. Die Flüsse Ouémé und Rio Sô versorgen in während der Regenzeit mit Süsswasser. Weil es sich beim See um eine eigentliche Lagune handelt ist der See die meiste Zeit leicht Salzhaltig. Am Südlichen Ende des Sees liegt Cotonou, die Hauptstadt von Benin. Unser Ziel war aber das Nördliche Ende des Sees, Ganvie. Mit dem Klimawandel und dem damit verbundenen Anstieg des Meeressiegels, rechnet man damit, dass sich die Fläche des Sees verdoppeln könnte. Die Folge davon wäre auch eine Versalzung des Sees.
Die Stadt Ganvie wurde im 16. oder 17. Jahrhundert von den Tofino gegründet. Sie waren auf der Flucht vor den Fon um der Versklavung zu entgehen. Laut einer Sage wurden die ersten Menschen von einem Krokodil und einem Adler auf eine Insel im Norden vom See gebracht. Die Einwohner von Ganvie wurden früher als Wassermenschen bezeichnet. Weil man die Verstorbenen schlecht im See beerdigen kann, wurde die Insel mehr und mehr zu einem Friedhof. Nun bauten die Tofino ihre Häuser auf Pfählen im See. Mittlerweile hat die Stadt etwa 20‘000 Einwohner und es ist somit das grösste Pfahlbaudorf in ganz Afrika. Das einzige Fortbewegungsmittel ist die Piroge. Eine Durchschnittliche Familie besitzt drei Pirogen. Eine Piroge braucht der Vater zum Fischen. Die zweite ist für die Mutter um zum Markt zu gehen. Die dritte ist für die Kinder, denn auch die Schule ist nur per Schiff erreichbar.
Ganvie besuchte ich das erste Mal 1978. Den Charme von früher hat das Dorf verloren. Lange Zeit fühlten sich die Einwohner vernachlässigt. Der Staat nahm zwar das Geld der Touristen, es wurde aber nichts ins Dorf Investiert. Auch Touristen wurden beschimpft. Dies hat sich zum Glück wieder geändert. Es wird vom Staat sehr viel gebaut. Es entstehen drei neue Märkte sowie einige Wohnhäuser. Früher wurden im See Autoreifen versenkt um eine Insel zu bauen. Dies ist nun nach Angaben unseres Reiseleiters verboten. Ob man jedoch unserem Reiseleiter glauben kann, wage ich zu bezweifeln.
Am 5. Januar 2023 erfuhren wir, dass es in Benin ein Voodoo-Festival gibt. Um frühzeitig da zu sein, wollten wir bereits am 9. Januar reisen und in Ouida übernachten. Der früheste Termin für das E-Visum war aber der 10.1.2023.
Am Festival ist alles sehr gut Organisiert. die Polizei sorgt für einen reibungslosen Ablauf. Zu meinem erstaunen ist sogar die Feuerwehr, sowie ein Krankenwagen vor Ort. Was fehlt, sind aber die Abfalleimer. So landet der Abfall, für Benin unüblich, auf dem Boden. Was mich aber noch mehr estaunte, das ganze ist frei zugänglich. Nirgends muss man etwas bezahlen.
Mit Sicherheit kommen wir nächstes Jahr wieder. Dann aber für 3 Tage. So können wir auch die Show am Nachmittag geniessen.
Die letzten zwei Jahre konnten wir das Nachbarland Benin Coronabedingt nicht besuchen. Ab dem 22.6.22 haben wir nun ein Visum für Benin für drei Monate mit mehreren Eintritten. Da wir die bekanntesten Touristendestinationen Benins (Ganvie, Ouidah und den Pendjariepark) bereits sehr gut kennen, fangen wir als erstes mit der Hauptstadt Cotonou an.
Cotonou besuchte ich das letzte Mal vor über 30 Jahren. Der letzte Besuch von Benin liegt etwas mehr als zwei Jahre zurück. Seither hat sich sehr viel geändert. Schon vor zwei Jahren hatte es nicht so ein Verkehrschaos wie in Togo. Diesmal ist mir als erstes aufgefallen, dass es in Benin kein Abfall auf den Strassen gibt. Dafür ist die Strasse in Togo zwischen Lomé und Hillacondj besser als die Strassen in Benin. Rund um die Hauptstadt sind die Strassenverhältnisse aber sehr gut.
Als erstes besuchten wir den angeblich besten Strand von Cotonou. Wir blieben keine 5 Minuten. Es hat aber nicht nur am leicht regnerischen Wetter gelegen. Wir sind uns besseres gewohnt aus Togo.
Anschliessend gingen wir in das Handwerkszentrum. Auch da machte sich Enttäuschung breit. Benin kämpft mit denselben Problemen wie Togo. Die Touristen fehlen. Die meisten Boungalows die früher als Verkaufsstände dienten waren geschlossen. Zwei hier anwesende Französinnen, die in Cotonou leben, fragten wir, wo man gut essen kann. Sie empfohlen uns zwei Restaurants, das Restaurant Le Troi Mousquetaires und das Livingstone. Der Tipp war Gold wert. Wir testeten beide Restaurants und kamen zum Schluss, le Troi Mousquetaires ist sehr teuer und Livingstone ist sehr gut. Das Le Troi Mousquetaires werden wir kein zweites Mal mehr besuchen.
Im Livingstone assen wir Rindsfilet an Pfefferrahmsauce mit Pommes Frites. Der Preis für 2 Personen 16000CFA. Dies entspricht knapp 26 Fr. Das würde in der Schweiz nicht einmal für 1 Person reichen.
Auf dem Heimweg entdeckten wir eine Piste zwischen Cotonou und Ouidah, alles dem Meer entlang. An dieser Piste hat es mehrere Strände, vergleichbar mit Ghana Beach in Togo. Die Piste wird momentan ausgebaut und endet beim Tor ohne Wiederkehr.
Mit einem unserer Gäste machten wir einen Ausflug nach Benin. Unser Ziel war Ganvie.
Ganvie ist mit seinen mittlerweile über 20'000 Einwohnern das wahrscheinlich grösste Pfahlbauerdorf auf dem ganzen Kontinent. Seinen Ursprung hatte es in der Zeit, als viele Afrikaner versklavt und nach Amerika und Brasilien gebracht wurden. Laut einer Sage wurden die ersten Menschen von einem Krokodil und einem Adler auf eine Insel im 4900 ha grossen Nokoué See gebracht. So entgingen sie der Sklaverei. Weil immer mehr Menschen auf diese Insel flüchteten wurde es bald zu eng. Zudem brauchte man Platz für die verstorbenen. Nun fingen sie an, ihre Hütten im Wasser zu bauen. Aus dem kleinen Ganvie wurde mittlerweile eine grosse, moderne Stadt. Die Hütten sind längst nicht mehr mit Riet gedeckt. Die rostigen Wellblechdächer sind heute auch in der Mehrzahl. Die Leute aus Ganvie sind nicht mehr zufrieden. Sie fühlen sich vom Staat vergessen.
Der Präsident Patrice Talon will dies nun ändern. Hütten, die mit Riet gedeckt werden, sollen unterstützt werden. Das Dorf ist seit 1996 auf der Vorschlagsliste zum Weltkulturerbe.
Die berühmte Musikerin Anguelique Kjdjo soll hier aufgewachsen sein.
Bei dem Ausflug nach Ganvie im Nachbarland Benin besuchten wir auch die historische Stadt Ouidah. Hier kann man die letzten Kilometer der Sklaven hautnah miterleben. Zuerst erstatteten wir aber dem Tempel der Python einen Besuch ab.
Der Tempel beherbergt etwa 200 Pythons. Die Pythonschlange ist eine Würgschlange und kann bis etwa 1.7m lang werden. Adulte Weibchen erreichen so ein Gewicht von etwa 3.2 kg. Männliche Tiere sind etwas kleiner und leichter. Die Pythons spielen in der Voodoo Kultur eine zentrale Rolle. Einerseits fürchtet man sich vor Pythons, andererseits verehrt man sie. Im Areal des Tempels steht auch ein alter Baum. Er soll 600 Jahre alt sein. Am Fuss des Baumes werden Voodoo Zeremonien durchgeführt. Es werden auch Tiere geopfert. Als Opfertiere müssen Tauben, Hühner, Gänse, Enten, Ziegen und Rinder ihr leben lassen. Da man für das Voodoo Ritual insbesondere das Blut braucht wird das Fleisch gebraten und anschliessend gegessen. Der praktisch kahle Baum lebt aber. An einem Ast habe ich ein paar kleine, aber grüne Blätter gesehen. Da hinter dem Baum, auf dem Nachbarsgrundstück viele Leute wohnen, kann man nur hoffen, dass es beim einstürzen des Baumes nicht auch menschliche Opfer gibt. In der Schweiz müsste ein solcher Baum schon längst gefällt werden.
Beim alter des Baumes glaubt man er sei 600 Jährig. Es ist aber nichts dokumentiert. Mit dem Alter ist es so eine Sache. Man hört immer wieder im Radio bei den Todesanzeigen, dass die Leute über 100 Jahre alt geworden sind. Wenn man aber die verstorbenen zu Lebzeiten fragen würde, wie Alt sie sind, hört man oft, ich weiss es nicht. es ist aber rein rechnerisch sehr einfach das eventuelle alter zu ermitteln. Da die Afrikaner in der Regel die Kinder sehr früh haben, man kann zum ältesten Kind etwa 15 bis 20 Jahre dazurechnen. So erhält man das ungefähre alter der Person. Ich weiss von einer Person die mit 103 Jahren gestorben ist, dass am Todestag die älteste Tochter noch keine 70 Jahre alt war. Laut einem Ausweis der Person ist sie 1926 geboren. Das Alter von ungefähr 90 Jahren ist deshalb viel realistischer. Bei Baum ist es noch viel schwieriger das Alter zu ermitteln. Dazu müsste man den Baum fällen um die Jahresringe zu zählen. Da es sich bei diesem Baum aber um einen heiligen Baum handelt kommt diese Option nicht in Frage. Sollte es beim umstürzen zu Opfern kommen wird man auch dafür eine Erklärung finden.
Es wird oft behauptet, Afrika hätte keine Geschichte. Das ist Grundlegend falsch. Den Fehler, den man in Afrika machte, man hat es einfach nicht aufgeschrieben. Es gibt aber die sogenannten Griots. Das sind Geschichtenerzähler. Diese Geschichten sind aber mit Vorsicht zu geniessen, denn mal wird was vergessen, mal was dazugetan. Es ist eben wie in der Politik, sie erzählen genau das, was die Leute hören wollen. Nur so werden sie auch geliebt. Aber genau so entstanden auch viele Sagen.
Der Ort Ouidah hiess früher Heouidah. Die Sklavenhändler und Besatzer konnten das aber nicht aussprechen. Deshalb wurde der Ort von den Endländern Whydah, von den Franzosen und Portugiesen Ouidah genannt. Nachdem man die Engländer vertrieben hatte, blieb der Name Ouidah.
Von Ouidah aus wurden Menschen aus Mali, Niger , Obervolta ( heute Burkina Faso), Ghana, Togo und Nigeria nach Amerika, insbesondere Brasilien gebracht. Mit Ausnahme eines Forts und einigen Hütten am Strand blieb nichts mehr bestehen. Vor Rund 20 Jahren entstand nun der Weg der Sklaven. Er beginnt beim Platz Chacha und endet beim Tor ohne Wiederkehr. Der Weg ist gesäumt von Betonstatuen. Zu jeder Statue gäbe es eine Geschichte. Die Bedeutung von ein paar Statuen werde ich versuchen zu erklären.
Platz Chacha: Tschatscha heisst schnell schnell. Hier wurden die Sklaven verkauft. Alles musste schnell gehen. Man wollte die Sklaven möglichst rasch loswerden. Viele von ihnen waren am ende ihrer Kräfte. Sie hatten ja bereits einen Fussmarsch von bis zu 2000 km hinter sich. Den ganzen Weg waren sie am Hals, Händen und Füssen zusammengekettet. Auch zum schlafen befreite man sie nicht von den Fesseln.
Die erste der Statuen zeigt einen Pelikan mit einem Fisch im Schnabel. Der Pelikan verkörpert den Ozean der Fisch ist der Sklave. Gemeint ist dabei, der Ozean verschlingt die Sklaven. Es gibt unterwegs auch den Baum des Vergessens. Bei diesem Baum mussten Frauen 7 Mal und Männer 10 Mal um dem Baum gehen. Sie sollten dabei ihr vorheriges Leben vergessen. An dem Platz wo die Sklaven auf das nächste Schiff warten mussten, steht eine Statue welche symbolisch die verschiedenen Ethnien darstellt. Zum Beispiel die grossen Ohrringe der Peul aus dem Niger. Hier wurden die Sklaven sitzend gefesselt. Ein Holz im Mund befestigt mit einem hufeisenförmigen Eisen um den Hals, verhinderte dass die Menschen sprechen oder schreien konnten.
Ein eindrücklicher Ort ist auch der Platz der Stille. Das ist ein Massengrab. Sklaven mussten ein Loch von 10m tiefe und 6 m im Durchmesser graben. Zu sehr entkräftete und kranke Sklaven wurden lebend in das Loch geworfen. Schon fast zynisch ist die Statue am Platz der Stille. Sie zeigt einen Sklaven mit gesprengten Fesseln. Gemeint ist dabei, ich bin Tot, deshalb frei.
Auch die nächste Statue ist beklemmend, Sie zeigt eine Frau mit Ästen als Kopf. Laut einer Sage wurde hier eine Sklavin, die sich zur wehr setzen wollte, lebendig begraben. Aus ihren Füssen wuchs der Baum hinter ihr. Der Baum hat Zucchetti förmige ungeniessbare Früchte. Sie werden aber getrocknet und im schwarzen Voodoo verwendet. Das Pulver eben dieser Frucht soll fürchterliche schmerzen verursachen und ganz dicke Beine geben.
Beim Tor ohne Wiederkehr wurden die Menschen auf die Sklavenschiffe gebracht. Die meisten der Sklaven haben vorher noch nie das Meer gesehen. Deshalb nannten sie die Schiffe auch Holzhäuser ohne Boden. Auf dem Schiff wurde nun auch noch einmal aussortiert. Sklaven, bei denen man damit rechnen durfte, dass sie die Überfahrt nicht schafften, wurden einfach über Bord geworfen und den Haien verfüttert.
Leider wurde das Thema Sklaverei in Afrika lange totgeschwiegen. Man schämte sich dafür. Schämen mussten sich aber ganz andere. Auch das Sklavenmuseum von Agbotrafo in Togo ist erst sei 2005 zugänglich. Schon 1978 wohnte ich nur etwa 200 neben dem Sklavenhaus. Niemand machte mich darauf aufmerksam.